Bereits zu Lebzeiten des Erblassers kann mit einem Vertragspartner der Übergang eines Vermögenswertes bei Todeseintritt vereinbart werden. Anders als beim Testament kann bereits mit Vertragsschluss eine erbrechtliche Bindungswirkung entstehen.
Alles, was Sie über den Erbvertrag wissen müssen:
Mit einem Erbvertrag kann bereits zu Lebzeiten des Erblassers über einen Vermögenswert vertraglich entschieden werden, wem dieser nach dem Tod des Erblassers zustehen soll. Dies kann vor allem dann für Sie nützlich sein, wenn Sie als Erblasser ein eigenes Unternehmen aufgebaut haben und zwei Kinder haben. Arbeitet eines Ihrer Kinder im Unternehmen, kann im Erbvertrag geregelt werden, dass Ihr Kind den Betrieb später übernimmt. Genau hierfür eignet sich ein Erbvertrag.
Wenn der Erbvertrag lediglich Verfügungen eines Vertragspartners beinhaltet, wird er als einseitiger Erbvertrag bezeichnet. Werden Verfügungen beider Vertragspartner festgehalten, so handelt es sich um einen zweiseitigen Erbvertrag. Inhaltlich können entweder vertragsmäßige Verfügungen oder nicht vertragsmäßige Verfügungen geregelt werden. Vertragsmäßige Verfügungen zeichnen sich dadurch aus, dass sie eine erbrechtliche Bindungswirkung haben und daher vom Erblasser nicht mehr frei widerrufen werden können.
Vertragsmäßige Verfügungen nach § 2278 BGB
Nach § 2278 Absatz 2 können nur Erbeinsetzungen, Vermächtnisse und Auflagen Gegenstand einer vertragsmäßigen Verfügung sein.
Einseitige Verfügungen nach § 2299 BGB
Es können auch einseitige Verfügungen im Erbvertrag getroffen werden, jedoch entfalten diese keine erbrechtliche Bindungswirkung. Für derartige Regelungen gelten nach § 2299 Absatz 2 Satz 1 die Wirksamkeitsvoraussetzungen für Testamentsregelungen.
Einseitige Verfügungen werden entsprechend der Grundsätze der Testamentsauslegung ausgelegt, sodass der Wille des Erblassers maßgeblich ist. Bei vertragsmäßigen Verfügungen hingegen kann es wegen der erbrechtlichen Bindungswirkung nicht allein auf den Willen des Erblassers ankommen. Primär ist daher zu prüfen, was die Vertragsparteien bezweckt haben.
Sie wollen sich vor Verfügungen unter Lebenden durch den Erblasser schützen? Vereinbaren Sie eine Bedingung, einen Aufhebungsanspruch oder ein Rücktrittsrecht und verpflichten Sie den Erblasser zum Ersatz der von Ihnen getätigten Zuwendungen.
Erbrechtliche Bindungswirkung bedeutet, dass Sie als Erblasser keine abweichenden beeinträchtigenden Verfügungen von Todes wegen errichten können. Als Erblasser sind Sie nur dann nicht mehr an die vertragsmäßigen Verfügungen gebunden, wenn Sie einen Änderungsvorbehalt vereinbart haben, Sie einverständlich den Erbvertrag aufheben, die Klausel des Vertrages gegenstandslos wird, beispielsweise durch ein Vorversterben, oder Sie wirksam vom Erbvertrag zurücktreten. Zu Lebzeiten kann der Erblasser trotz einer wirksam abgeschlossenen vertragsmäßigen Verfügung frei über sein Vermögen verfügen.
§ 2286 legt fest, dass der Erblasser auch nach dem Abschluss eines Erbvertrags uneingeschränkt über sein Vermögen verfügen kann. Einschränkungen ergeben sich lediglich bei einer Schenkung, die in der Absicht geschah, den Erben zu beeinträchtigen. In einem solchen Fall kann der Erbe nach dem Erbfall von dem Beschenkten nach § 2287 Absatz 1 die Herausgabe des Geschenkes fordern.
Im Testament lässt sich schon zu Lebzeiten festlegen, wie der eigene Nachlass unter den künftigen Erben verteilt wird. Dies ist auch beim Erbvertrag der Fall, allerdings mit deutlich umfangreicherer Wirkung. Wie der Name schon vermuten lässt, handelt es sich bei einem Erbvertrag um einen Vertrag, der nicht nur vom Erblasser unterzeichnet werden muss, sondern auch von den künftigen Erben. Damit der Erbvertrag seine Wirkung erhält, müssen der notariellen Beurkundung alle Parteien beiwohnen und den Vertrag mit einer Unterschrift unterzeichnen. Auf diese Weise können Erblasser und Erben schon frühzeitig die Bedingungen des Erbes klären. Dazu gehört nicht nur die Übernahme des Erbes nach dem Tod des Erblassers, sondern auch alle eventuellen Verpflichtungen, die noch zu Lebzeiten damit einhergehen können – beispielsweise eine Pflegeleistung im Krankheitsfall oder einige Jahre unterstützende Tätigkeit im zu vererbenden Unternehmen. Durch einen Erbvertrag wird sichergestellt, dass der Erbe mit diesen Bedingungen einverstanden ist und der Erblasser die geforderte Gegenleistung erhält.
Bei einem einseitigen Erbvertrag geht der Erblasser ausschließlich eine Verpflichtung gegenüber dem Vertragspartner, in diesem Fall also dem Erben, ein. Damit ein einseitiger Erbvertrag gültig wird, muss der Erbe den Erbvertrag lediglich annehmen. Bei einem zweiseitigen Erbvertrag werden rechtlich bindend beide Vertragspartner involviert, beispielsweise dann, wenn das Erbe nur unter bestimmten Voraussetzungen ausgezahlt werden soll. Während der einseitige Erbvertrag vom Erblasser allein geändert werden kann, benötigen Änderungen bei einem zweiseitigen Erbvertrag die Zustimmung beider Parteien.
Ein zweiseitiger Erbvertrag ergibt dann Sinn, wenn das Erbe mit diversen Bedingungen verknüpft werden soll. Während bei einem Testament schlussendlich der Erbe allein entscheidet, ob er mit diesen Bedingungen einverstanden ist, kann mithilfe eines zweiseitigen Erbvertrages das Einverständnis schon zu Lebzeiten rechtlich geregelt werden.
Auch unabhängig von Bedingungen ist das Aufsetzen eines zweiseitigen Erbvertrages möglich. Dies ist beispielsweise dann der Fall, wenn zwei Ehepartner einen gemeinsamen Erbvertrag abschließen möchten. Hier wird festgelegt, dass der Ehepartner das Erbe erhält, wenn eine der beiden Parteien verstirbt. Da hier beide mit dieser Regelung einverstanden sein müssen, jeweils den Partner zum Alleinerben zu machen, handelt es sich in diesem Fall ebenfalls um einen zweiseitigen Erbvertrag.
Damit ein Erbvertrag aufgesetzt werden kann, müssen mindestens zwei Personen beteiligt sein. In den meisten Fällen handelt es sich dabei um den Erblasser und den Erben. Wenn das Vermögen auf mehrere Erben aufgeteilt werden soll, können natürlich auch mehrere Personen im Erbvertrag erwähnt werden. Da der Erbvertrag nur dann seine Gültigkeit erhält, wenn er notariell beurkundet wurde, müssen alle im Erbvertrag erwähnten Parteien vor Ort sein und den Vertrag unterzeichnen. Grundvoraussetzung für die Gültigkeit des Erbvertrags ist die Testierfähigkeit und volle Geschäftsfähigkeit aller beteiligten Personen.
Gern stehen wir von KLUGO Ihnen beim Aufsetzen eines Erbvertrags zur Seite. Wenden Sie sich einfach an unsere Erstberatung, um alle Informationen zu einem Erbvertrag und praktische Tipps rund um das Aufsetzen des Vertragsdokuments zu erhalten.
Damit Sie einen wirksamen Erbvertrag abschließen, müssen Sie grundsätzlich zunächst die allgemeinen Wirksamkeitsvoraussetzungen der Verfügungen von Todes wegen beachten.
Allgemeine Wirksamkeitsvoraussetzungen beim Erbvertrag:
Damit der Erbvertrag seine Gültigkeit erhält, muss es sich natürlich auch um einen gültigen Vertrag handeln. Zu den möglichen vertraglichen Verfügungen gehören nach § 1941 I BGB nur die Erbeinsetzung, ein Vermächtnis oder eine Auflage. Erst wenn mindestens eine dieser vertraglichen Verfügungen im Erbvertrag enthalten ist, handelt es sich wirklich um einen Vertrag. Ob dabei nur ein Erblasser im Vertrag genannt wird oder beide Vertragsparteien Erblasser werden, ist für den Vertragsabschluss unerheblich. Achten Sie beim Aufsetzen eines Erbvertrags auf einen eventuellen Pflichtteil für Erben.
Wenn Sie einen Erbvertrag bei einem Notar abschließen, fallen Kosten an. Dabei ist die Kostenhöhe von dem Geschäftswert des Erbvertrages abhängig. Der jeweils maßgebliche Geschäftswert stellt das Reinvermögen des Erblassers zum Zeitpunkt des Erbvertragsschlusses dar.
Sollten Sie wegen fehlender Geschäftsfähigkeit eine unwirksame Verfügung vorfinden, denken Sie an eine Umdeutung in eine einseitige Verfügung von Todes wegen!
Als Orientierung können Ihnen folgende Beispiele dienen:
Bei einem Geschäftswert von 200.000 Euro belaufen sich die Notarkosten auf etwa 1.250 Euro. Sollte der Geschäftswert 500.000 Euro betragen, fallen rund 2.590 Euro Notarkosten an. Sollten Sie unsicher sein, welche Kosten beim Aufsetzen eines Erbvertrags auf Sie zukommen, können Sie sich natürlich gern zur Erstberatung an die KLUGO Partner-Anwälte und Rechtsexperten wenden.
Besonderheiten beim Erbvertrag:
In einen Erbvertrag sind mindestens zwei Personen involviert. Das gibt zusätzliche Sicherheit – denn Sie können nicht wie im Testament einfach wieder enterbt werden."Markus Zöller
Während ein Testament jederzeit vom Erblasser geändert werden kann, sind die Bedingungen für Änderungen am Erbvertrag deutlich höher. Da es sich hier um einen rechtlich bindenden Vertrag handelt, müssen mit einer Änderung beide Vertragsparteien einverstanden sein. Eine weitere Schwierigkeit liegt darin, dass Erbvertraglich entweder beim Notar vor Ort aufbewahrt oder direkt in die amtliche Aufbewahrung gegeben werden (§ 34 Abs. 2 und § 34 Abs. 3 Beurkundungsgesetz). Veränderungen müssen daher grundsätzlich mit dem Notar besprochen werden. Beim Erstellen eines Erbvertrages sollte darauf geachtet werden, einen schriftlichen Änderungsvorbehalt oder ein Rücktrittsrecht für die Vertragsparteien vorzubehalten.
Natürlich kann ein Erbvertrag auch widerrufen bzw. nachträglich aufgehoben werden. Dies ist beispielsweise durch einen Aufhebungsvertrag möglich, der ebenfalls von beiden Parteien unterzeichnet werden muss. Auch ein Testament kann einen Erbvertrag unwirksam machen, sofern alle Vertragsparteien zugestimmt haben. Dafür ist ebenfalls ist eine notarielle Beglaubigung notwendig.
Die einzige Ausnahme bildet das Ehegattentestament, also eine gemeinschaftliche, letztwillige Verfügung, durch die der Erbvertrag automatisch seine Gültigkeit verliert (§ 2292 BGB). Achten Sie hier jedoch darauf, die geltenden Formvorschriften für Testamente zu beachten. Sollten dabei Fragen auftauchen, helfen wir von KLUGO Ihnen gern weiter.
Beim Anfechten eines Erbvertrages müssen triftige Gründe vorliegen, die eine Anfechtung möglich machen. Dazu gehören beispielsweise die Täuschung der Vertragsparteien, Drohungen oder Irrtümer. Eine Anfechtung muss ebenso wie die Aufhebung eines Erbvertrags notariell beurkundet werden. Dafür gibt es jedoch strenge Fristen: Der Erblasser muss binnen eines Jahres nach Kenntnis des Anfechtungsgrundes den Erbvertrag anfechten, da sonst die Verjährung eintritt. Grundsätzlich kann die Anfechtung des Erbvertrags nur vom Erblasser selbst vorgenommen werden, allerdings gibt es auch hier eine Ausnahme. Wird der Erblasser durch Krankheit geschäftsunfähig, kann das Betreuungsgericht einen gesetzlichen Vertreter einsetzen, der einen Erbvertrag ebenfalls anfechten darf.
Allgemeine Informationen zum Erbrecht erhalten Sie natürlich auch auf unserer Seite. Werfen Sie dazu einfach einen Blick auf unsere verschiedenen Beiträge zum Thema Erbrecht.
Welchen praktischen Nutzen ein Erbvertrag hat und welche Nachteile dieser mit sich bringt, fassen wir abschließend in einer kleinen Checkliste für Sie zusammen:
Vorteile eines Erbvertrages
Nachteile eines Erbvertrages
Wenn Sie Hilfe beim Thema Erbvertrag benötigen oder sich über die generellen Möglichkeiten Ihres Falls informieren möchten, bekommen Sie bei uns eine Erstberatung durch einen unabhängigen Fachanwalt für Erbrecht.
Dann nutzen Sie einfach die KLUGO Erstberatung. Die Erstberatung ist ein Telefongespräch mit einem zertifizierten Anwalt aus unserem Netzwerk.
Beitrag juristisch geprüft von der KLUGO-Redaktion
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