In Ausnahmefällen erlaubt es der Gesetzgeber, dass das gesetzlich vorgeschriebene Trennungsjahr abgekürzt wird – dafür gelten allerdings strenge Voraussetzungen.
Bei einer Härtefallscheidung erfolgt die Scheidung ohne das sonst üblicherweise vorgeschriebene Trennungsjahr. An die Stelle des Trennungsjahres tritt dann die sofortige Scheidung mit dem gerichtlichen Scheidungsbeschluss.
Der Verzicht auf das Trennungsjahr und somit die Härtefallscheidung ist vom Gesetzgeber nur in Ausnahmefällen angedacht: Grundsätzlich ist das Trennungsjahr rechtlich als letzte Möglichkeit vorgesehen, das finale Scheitern der Ehe zu überdenken. Gemäß § 1566 des Bürgerlichen Gesetzbuches (kurz: BGB) ist das Trennungsjahr aber auch unbedingte Voraussetzung für einen möglichen Scheidungsbeschluss.
"Erst wenn das Trennungsjahr abgelaufen ist, sieht das Familiengericht die Ehe als gescheitert an. Die Basis für eine Scheidung ist damit geschaffen. "
Nach den Vorschriften des BGB folgt eine Scheidung einem festen zeitlichen Ablauf.
Dreh- und Angelpunkt ist dabei das Trennungsjahr, das als wichtigstes Indiz für die gescheiterte Ehe gilt:
Empfehlenswert ist es in jedem Fall, den Beginn des Trennungsjahres zu dokumentieren. Praktisch ist dies häufig der Zeitpunkt, zu dem einer der beiden Ehepartner aus der gemeinsamen Wohnung auszieht. Das Scheidungsverfahren verzögert sich oft unnötig, weil nicht klar ist, wann das Trennungsjahr überhaupt beginnt: Entscheidend ist dabei, dass zwischen den Partnern keine dauerhafte häusliche Gemeinschaft mehr besteht.
Die sogenannte Härtefallscheidung ist in § 1565 Abs. (2) BGB gesetzlich normiert.
Demnach ist eine Härtefallscheidung als "Blitzscheidung" immer dann möglich, wenn:
Die Gründe, die eine Härtefallscheidung möglich machen, werden durch das Gesetz nicht abschließend festgelegt.
Anerkannte Gründe sind beispielsweise:
Entscheidend ist, dass es durch den einen Ehepartner zu einer Situation kommt, die dem antragstellenden Ehegatten nicht noch länger zugemutet werden kann. Ob dies tatsächlich angenommen werden kann, hängt von den konkreten Bedingungen im Einzelfall ab.
Ob eine Härtefallscheidung begründet ist, entscheidet nicht das subjektive Empfinden des Antragstellers. Gerade in Fällen, in denen die Ehegatten stark zerstritten sind, ist es für beide Partner oft "unerträglich", das Ende des Trennungsjahres abzuwarten. Dies begründet aber keine Härtefallscheidung.
Der Härtefall muss vom Antragsteller nachvollziehbar dargelegt werden. Ihm obliegt die Beweis- bzw. Nachweispflicht, dass ein Grund für eine Härtefallscheidung vorliegt.
Eine Härtefallscheidung ist nur in Ausnahmefällen möglich. Diese müssen so schwerwiegend sein, dass auch nach außen hin die Fortsetzung der Ehe als unzumutbar erscheint. Hier werden in der Rechtsprechung hohe Anforderungen gestellt.
Nicht als Härtefall gelten:
Ob ein Grund für eine Härtefallscheidung vorliegt oder nicht, ist für juristische Laien schwer zu bewerten. Im Zweifel empfiehlt es sich, hierbei die Erfahrung eines Rechtsanwaltes zu nutzen, der eine Prüfung vornimmt und Handlungsoptionen rund um die Scheidung und eine mögliche Blitzscheidung erarbeitet.
Eine Härtefallscheidung läuft grundsätzlich nicht anders ab als das "normale" Scheidungsverfahren. Lediglich auf das Trennungsjahr wird hierbei aufgrund der Umstände im konkreten Fall verzichtet. Die Idee dahinter ist aber nicht die Verkürzung der Scheidung an sich, sondern das Ende der unzumutbaren Situation, die sich aus der Fortführung der Ehe ergibt.
Abgesehen vom Trennungsjahr ist der Ablauf der Härtefallscheidung deckungsgleich mit dem oben erwähnten Ablauf bei der normalen Scheidung.
Wer auf den Versorgungsausgleich nicht verzichten will oder kann, für den macht eine Härtefallscheidung streng genommen keinen Sinn – für die notwendigen Informationen sind häufig mehrere Monate nötig.
Eine Scheidung ist immer auch eine emotionale Belastung für alle Beteiligten. Der Wunsch, dass diese Situation so schnell wie möglich aufgelöst wird, ist nachvollziehbar. Dennoch wird in den meisten Fällen eine Härtefallscheidung nicht möglich sein: Dies liegt gerade auch daran, dass die Familiengerichte die Anforderungen hierfür hoch ansetzen.
Allerdings gibt es in der familienrechtlichen Praxis immer wieder die Situation, dass der Fortbestand der Ehe im Rahmen des Trennungsjahres für den einen Ehepartner zu einem untragbaren Zustand führt. In solchen Fällen ist eine Härtefallscheidung zu empfehlen, um weiteren Schaden – sowohl körperlicher als auch seelischer Art – abzuwenden.
Häusliche Gewalt ist häufig der Grund für eine Härtefallscheidung. Hier ist möglicherweise schnelle Hilfe gefragt – eine erste Anlaufstelle bietet das bundesweite Hilfetelefon für Frauen bzw. das bundesweite Hilfetelefon für Männer.
Anlass für den Wunsch nach einer Härtefallscheidung sind regelmäßig schwerwiegende Konflikte. Diese lassen sich unter Umständen aber auch anders lösen: Das Familiengericht kann beispielsweise eine sogenannte Mediation anordnen. Diese wird mit beiden Ehegatten – entweder gemeinsam oder getrennt – und unter Mitwirkung eines neutralen Dritten durchgeführt.
In der Praxis sorgt die Mediation erfahrungsgemäß dafür, dass verhärtete Fronten aufgelöst werden. Das kann auch eine Härtefallscheidung verhindern und sollte als Alternative auf jeden Fall in Erwägung gezogen werden.
Sind die Voraussetzungen für eine Härtefallscheidung strittig, ist es genau dann sinnvoll, auf die Expertise eines Rechtsanwaltes zu vertrauen, der Ihnen im gesamten Scheidungsverfahren zur Seite steht.
Dann nutzen Sie einfach die KLUGO Erstberatung. Die Erstberatung ist ein Telefongespräch mit einem zertifizierten Anwalt aus unserem Netzwerk.
Beitrag juristisch geprüft von der KLUGO-Redaktion
Der Beitrag wurde mit großer Sorgfalt von der KLUGO-Redaktion erstellt und juristisch geprüft. Dazu ergänzen wir unseren Ratgeber mit wertvollen Tipps direkt vom Experten: Unsere spezialisierten Partner-Anwälte zeigen auf, worauf es beim jeweiligen Thema ankommt.