Das Recht auf Akteneinsicht ist ein fundamentales Verfahrensrecht, das sowohl für den Beschuldigten als auch für die Geschädigten im Strafprozess von grundlegender Bedeutung ist.
Was Sie über das Akteneinsichtsrecht wissen sollten:
Wer als Beschuldigter im Strafprozess gilt, hat nach Artikel 6 Abs. (3) der Europäischen Menschenrechtskonvention (kurz: EMRK) das Recht auf ein faires Strafverfahren. Daraus leitet sich nach § 147 der Strafprozessordnung (StPO) auch das Recht auf Akteneinsicht ab.
Die Bedeutung des Rechts auf Akteneinsicht ist verständlich, denn nur darüber kann beispielsweise der Anwalt Informationen bekommen, die für die Verteidigung im Strafprozess wichtig sind. Damit trägt das Recht auf Akteneinsicht auch zu einer funktionierenden Verteidigung vor Gericht bei.
Das Recht auf Akteneinsicht beinhaltet nicht nur alle Schriftstücke in der Ermittlungsakte.
Es umfasst auch die anderen Inhalte der Akte, wie zum Beispiel:
§ 147 StPO normiert explizit das Akteneinsichtsrecht des Verteidigers. Der Gesetzgeber versteht hierunter sowohl den selbst gewählten Verteidiger als auch den Pflichtverteidiger im Rahmen der sogenannten notwendigen Verteidigung. Nicht entscheidend ist der Umstand, dass zwischen dem Beschuldigten und dem Verteidiger bereits eine vertragliche Bindung vorliegt – der Geschäftsbesorgungsvertrag nach §§ 675, 611 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) ist somit entbehrlich.
Nicht entbehrlich ist nach richtiger Auffassung aber ein sogenanntes Anbahnungsverhältnis. Es muss also erkennbar sein, dass beispielsweise der Verteidiger die Verteidigung des Beschuldigten übernehmen möchte, hierfür aber noch prüfen will, ob er die Beauftragung tatsächlich annimmt.
Allerdings ist ein Recht auf Akteneinsicht ohne Anwalt ebenfalls rechtlich normiert. Aus § 147 Abs. (4) StPO geht dies ausdrücklich hervor:
(4) Der Beschuldigte, der keinen Verteidiger hat, ist in entsprechender Anwendung der Absätze 1 bis 3 befugt, die Akten einzusehen und unter Aufsicht amtlich verwahrte Beweisstücke zu besichtigen.
Damit kann auch der Beschuldigte, der sich nicht durch einen Anwalt verteidigen lässt, Akteneinsicht verlangen. Im Unterschied zum Verteidiger ist dies jedoch nur vor Ort bei der zuständigen Behörde möglich – der Verteidiger hat dagegen das Recht, sich die Akte zuschicken zu lassen.
Grundsätzlich ist zwar im Strafrecht ein Anwaltszwang – bzw. eine Pflichtverteidigung – nur in den Fällen des § 140 StPO vorgesehen. Dennoch ist es auch ohne Anwaltspflicht nicht ratsam, sich als Beschuldigter vor Gericht ohne anwaltliche Unterstützung zu verteidigen.
Die Unterstützung durch einen Rechtsanwalt ist insbesondere im Strafrecht fast schon unerlässlich. Hier geht es um teils dramatische Eingriffe seitens der Staatsgewalt und um empfindliche Hauptstrafen wie der Geld- oder sogar Freiheitsstrafe.
Ihr Strafverteidiger hat nach § 147 StPO das Recht zur Akteneinsicht. Die Kenntnis des Akteninhalts ist die Basis für eine gute Strafverteidigung. Denn erst, wenn Sie wissen, was Ihnen vorgeworfen wird, können Sie eine Verteidigungsstrategie entwickeln. Lassen Sie sich dabei von einem Strafverteidiger unterstützen."Pierre Torster
Nicht nur der Beschuldigte, sondern auch das Opfer hat im Strafverfahren das Recht auf Akteneinsicht. Dies ist wichtig, um auch schon im Ermittlungsverfahren abzuwägen, welche Rechte sich als Geschädigter ergeben und ob diese gegebenenfalls auch zivilrechtlich geltend gemacht werden müssen.
Das Recht auf Akteneinsicht für den Geschädigten im Strafprozess ergibt sich aus § 406e StPO. Auch hier kann entweder der beauftragte Rechtsanwalt nach Absatz (1) der Vorschrift Akteneinsicht vornehmen, aber auch der Geschädigte selbst nach Absatz (3) der Vorschrift.
In der Rechtsprechung selbst ist die Akteneinsicht durch den Geschädigten nicht unumstritten. Das liegt daran, dass eine Akteneinsicht vor der Hauptverhandlung dazu führen kann, dass die Erinnerung des Opfers verwässert und die Glaubwürdigkeit der Aussage in Mitleidenschaft zieht.
Als umfassendes Verfahrensrecht ist das Recht auf Akteneinsicht in jedem Verfahrensabschnitt möglich. Aus taktischen Gründen der Verteidigung ist die möglichst frühe Akteneinsicht vernünftigerweise empfehlenswert – allerdings besteht das Recht auf Akteneinsicht auch nach Abschluss des Strafverfahrens unverändert fort.
Natürlich stellt sich sowohl für Beschuldigte als auch für Geschädigte im Strafverfahren die Frage, wie und wo die Akteneinsicht überhaupt beantragt werden kann. Der Antrag auf Akteneinsicht muss bei der zuständigen Stelle erfolgen.
Das ist regelmäßig entweder
Der Antrag ist dabei an kein Formerfordernis gebunden. Er kann mit einem einfachen Brief gestellt werden, sollte aber so eindeutig wie möglich formuliert werden und insbesondere das Aktenzeichen enthalten. Möchten Sie Akteneinsicht beantragen, ohne dass dies im Rahmen einer anwaltlichen Vertretung geschieht, empfiehlt sich ein Hinweis auf das Recht auf Akteneinsicht nach § 147 StPO.
Zwar handelt es sich bei dem Recht auf Akteneinsicht um ein elementares Recht im Strafverfahren – dies entbindet den Antragsteller aber nicht davon, hierfür Gebühren zu bezahlen.
Die Kosten für die Akteneinsicht setzen sich zusammen aus:
Wichtig zu wissen: Wenn der Antrag auf Akteneinsicht durch den beauftragten Rechtsanwalt gestellt wird, dann wird für dessen Tätigkeit ebenfalls ein Honorar fällig – und zwar in der vereinbarten Höhe. Hier laufen schnell Kosten in dreistelliger Höhe auf, und zwar ohne, dass der Rechtsanwalt noch weiter für den Mandanten tätig ist.
Der Antrag auf Akteneinsicht wird in der Regel für eine Dauer von drei Tagen gewährt. Die Akte wird zur Einsichtnahme an das Büro des Rechtsanwalts geschickt und kann dort ohne Aufsicht eingesehen werden. Möglich ist auch, dass der Verteidiger für seinen Mandanten Kopien anfertigt, die im weiteren Verlauf der Verteidigung dienen.
Wird der Antrag auf Akteneinsicht ohne Rechtsanwalt gestellt, dann ist es notwendig, dass der Antragsteller einen Termin bei der zuständigen Stelle vereinbart, zu dem in die Akte Einsicht genommen werden kann.
Im Rahmen des Ermittlungserfahrens kann dem beauftragten Rechtsanwalt die Einsicht in die Akte oder auch die Einsicht in einzelne Aktenteile versagt werden. Dies ist immer dann der Fall, wenn die Akteneinsicht das Ermittlungsverfahren mittelbar oder unmittelbar in Gefahr bringen würde. Bekanntes Beispiel ist dafür die Einwirkung des Beschuldigten auf das Verfahren, indem er Beweismittel vernichtet oder Zeugen bedroht. Ebenfalls Grund für eine Einschränkung des Akteneinsichtsrechts sind Bedenken in Bezug auf den Datenschutz.
Grundsätzlich besteht immer die Möglichkeit, dass der Antrag auf Akteneinsicht verwehrt wird. Unter Umständen kommt aber auch in Betracht, dass Teile der Akte nicht eingesehen werden dürfen – diese können dann aus der Akte entfernt werden.
Wird die Akteneinsicht verweigert, stehen dem Betroffenen Rechtsbehelfe zur Verfügung. Im schlechtesten Fall kann hier im Rahmen der Hauptverhandlung und nach entsprechender Rüge sogar ein absoluter Revisionsgrund vorliegen. Grundsätzlich ist spätestens dann der Zeitpunkt gekommen, an dem Sie anwaltliche Unterstützung hinzuziehen sollten. Unsere KLUGO Partner-Anwälte helfen Ihnen im Rahmen einer Erstberatung. Hier erhalten Ratsuchende alle notwendigen Informationen und Tipps für den individuellen Beratungsbedarf.
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