STAND 21.11.2022 | LESEZEIT 6 MIN
Dass Krankheit vor Kündigung schützt, ist ein weitverbreiteter Irrtum. Fehlt ein Arbeitnehmer über einen längeren Zeitraum oder ist immer mal wieder ein paar Tage oder Wochen krankgeschrieben, kann der Arbeitgeber unter bestimmten Bedingungen zum Kündigungsausspruch berechtigt sein. Welche Voraussetzungen erfüllt sein müssen und welche Möglichkeiten Sie haben, erfahren Sie hier.
Arbeitnehmern kann krankheitsbedingt gekündigt werden. Entgegen der landläufigen Meinung, dass Krankheit vor Kündigung schützt, kann eine Kündigung sogar während der Arbeitsunfähigkeit ausgesprochen werden.
Sind in einem Unternehmen mehr als zehn Mitarbeiter angestellt, sind Arbeitnehmer, die länger als sechs Monate angestellt sind, durch das Kündigungsschutzgesetz (KSchG) geschützt.
Die drei Arten einer ordentlichen Kündigung sind:
Eine krankheitsbedingte Kündigung ist ein Unterfall der ordentlichen personenbedingten Kündigung. Kann ein Arbeitnehmer seinen vertraglichen Pflichten aufgrund einer langfristigen Arbeitsunfähigkeit nicht nachkommen, liegt eine Vertragsstörung seitens des Arbeitnehmers vor.
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Gemäß Rechtsprechung müssen gleichzeitig drei Voraussetzungen erfüllt sein, damit eine krankheitsbedingte Kündigung wirksam ist:
Beim dritten Punkt kommt es auch darauf an, ob die Kündigung das mildeste Mittel ist. Ggf. gibt es mildere Maßnahmen, die den Arbeitnehmer nicht so stark belasten und helfen, krankheitsbedingte Störungen des Arbeitsverhältnisses zu beseitigen. Dies würde nach § 167 SGB IX ein betriebliches Eingliederungsmanagement (BEM) ermöglichen.
Abhängig vom Krankheitsmuster und der Belastungen für den Arbeitgeber erhöht sich das Risiko einer Kündigung und einer Beurteilung des Arbeitsgerichts. Es gibt vier Krankheitsmuster, die unterschiedliche Kündigungsrisiken bergen.
Das Risiko einer krankheitsbedingten Kündigung ist dann am höchsten, wenn der Arbeitnehmer häufig über kürzere Zeiträume krankgeschrieben wird. Summiert sich die Arbeitsunfähigkeit innerhalb eines Beobachtungszeitraums von zwei Jahren auf sechs Wochen pro Jahr, ist das Risiko sehr hoch, eine krankheitsbedingte Kündigung zu erhalten.
Für den Arbeitgeber bedeutet dies eine hohe finanzielle Belastung, da Krankenkassen die Lohnfortzahlung erst nach sechs Wochen übernehmen.
Ist ein Arbeitnehmer z. B. aufgrund eines Unfalls dauerhaft arbeitsunfähig, ist das Risiko hoch, dass eine krankheitsbedingte Kündigung wirksam ist. Dieser Fall tritt häufig bei körperlicher Arbeit ein. Sitzt ein Gerüstbauer nach einem Unfall für immer im Rollstuhl, fällt die Gesundheitsprognose für sein Berufsfeld negativ aus.
Kann der Arbeitgeber keinen passenden alternativen Arbeitsplatz bieten, ist eine Kündigung i. d. R. zulässig.
Verringert sich die Arbeitsleitung des Arbeitnehmers nach einer Erkrankung um mehr als 30 Prozent, so kann der Arbeitgeber zum Ausspruch einer krankheitsbedingten Kündigung berechtigt sein. Das mildere Mittel wäre zu schauen, ob eine Teilzeitanstellung oder Versetzung innerhalb des Unternehmens infrage kommt.
Eine Langzeiterkrankung liegt vor, wenn der Arbeitnehmer zum Zeitpunkt der Kündigung mehr als sechs Wochen arbeitsunfähig ist. Gibt es Aussicht auf Genesung, ist das Risiko einer krankheitsbedingten Kündigung gering, da nach sechs Wochen die Krankenversicherung die Lohnfortzahlung übernimmt.
Die betrieblichen Interessen sind jedoch dann erheblich beeinträchtigt, wenn es keine Aussicht auf eine Wiederherstellung der Arbeitsfähigkeit innerhalb der nächsten zwei Jahre gibt.
Arbeitnehmer sind nach Erhalt einer Kündigung häufig verunsichert. Sie sollten eine Kündigung grundsätzlich erst prüfen lassen, die Unterschrift bis dahin verweigern und sich drei Tage nach Erhalt der Kündigung arbeitssuchend melden. Kontaktieren Sie, falls vorhanden, den Betriebsrat und machen Sie deutlich, dass Sie die Kündigung nicht akzeptieren.
Grundsätzlich haben Arbeitnehmer das Recht, sich innerhalb von drei Wochen nach Kündigungserhalt durch das Einreichen einer Kündigungsschutzklage zu wehren.
Im speziellen Fall der krankheitsbedingten Kündigung hat ein Arbeitnehmer darüber hinaus die Möglichkeit, sich gegen den Vorwurf einer negativen Gesundheitsprognose zu wehren, indem er:
Bewahren Sie beim Kündigungserhalt Ruhe und handeln Sie nicht zu vorschnell. Nutzen Sie in jedem Fall die gesetzliche Frist von drei Wochen aus – diese steht Ihnen für eine Kündigungsschutzklage zu.
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Dem Arbeitnehmer steht grundsätzlich keine Abfindung zu, insofern im Arbeits- / Tarifvertrag oder der Betriebsvereinbarung nichts anderes geregelt ist. Arbeitnehmer können nach einer krankheitsbedingten Kündigung trotzdem u. U. sowohl gerichtlich als auch außergerichtlich eine Abfindung verhandeln.
Eine krankheitsbedingte Kündigung kann in den drei folgenden Sonderfällen schwerer durchsetzbar sein:
Ja, der Arbeitgeber hat, insofern drei Voraussetzungen erfüllt sind, das Recht, eine krankheitsbedingte Kündigung auszusprechen.
Der Arbeitgeber muss pro Jahr bis zu 30 Fehltage hinnehmen. Ist ein Arbeitnehmer am Stück oder summiert mehr als sechs Wochen im Jahr krank, kann eine Kündigung drohen. Dem Arbeitnehmer entstehen dadurch nämlich erhebliche Beeinträchtigungen.
Nein, eine krankheitsbedingte Kündigung kann auch ausgesprochen werden, wenn ein Arbeitnehmer im Jahr mehr als sechs Wochen z. B. aufgrund von Erkältungen oder Migräne arbeitsunfähig ist.
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